Stress aus biopsychologischer Sicht: Warum Stressreaktionen nicht grundsätzlich ungesund sind

Aus biologischer Sicht kann man Stress auch als einen psychophysischen Zustand beschreiben, welcher vom einem ausgeglichen physiologischen System abweicht. Da das biologische System störanfällig für Änderungen in der Außenwelt ist, kommt es bei Veränderungen in der Umwelt mittels hormoneller Steuerungsvorgänge und automatischer Prozesse des Zentralnervensystems zu physiologischen Anpassungsprozessen. Die Reize, welche das biologische System aus dem Gleichgewicht bringen, werden als Stressoren bezeichnet.

Durch das komplexe Zusammenspiel mehrerer Gehirnregionen ist es für den Menschen möglich, Situationen in kürzester Zeit abzuschätzen und bei Bedarf eine Stressreaktion einzuleiten. Dies führt zu einer vermehrten Freisetzung von Noradrenalin im Gehirn und schließlich zu mehr Adrenalin im Blut. Dadurch steigen der Herzschlag und der Blutdruck an, was zu einer verbesserten Durchblutung von Herz, Gehirn und Muskulatur führt.

Dieser Mechanismus ist für die kurzfristige Leistungssteigerung verantwortlich und Grund dafür, dass man in Stresssituationen schnell, reflexhaft und quasi ohne Nachdenken reagieren kann. Nach erfolgter Anpassung baut sich das Adrenalin schnell wieder ab und das physiologische System beruhigt sich.

Bei länger andauernden Belastungen kommt es zu einer biochemischen Reaktion im Gehirn, welche die Ausschüttung von Kortisol in der Nebennierenrinde anregt. Dieser zusätzliche Mechanismus führt zu einer Stressanpassung mittels einer vermehrten Energiebereitstellung beispielsweise durch die Erhöhung des Blutzuckers.

Das genannte Noradrenalin und Kortisol haben weitreichende Auswirkungen auf die Funktionsweise des Gehirns. Die aktuelle Forschung weist auf eine Stabilisierung bereits vorhandener neuronaler Schaltkreise im Gehirn durch Noradrenalin hin. Ein erhöhter Kortisolspiegel infolge einer länger andauernden Stresssituation führt jedoch zu einer Destabilisierung und Degeneration bestehender neuronaler Strukturen.

Die durch Stressoren ausgelösten Reaktionen im Körper stellen normale biologische Vorgänge und nicht per se ein Gesundheitsrisiko dar. Wie viele andere sich abwechselnde Zustände im Körper ist der Wechsel zwischen Aktivierung und Entspannung ein positives Kennzeichen von Vitalität und Lebendigkeit. Aufgrund einer kurzfristigen Aktivierung von Stressreaktionen kommt es also zu keinen gesundheitsschädlichen Auswirkungen.

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