Einsamkeit überwinden

In unserer schnelllebigen Welt, in der viele Familien zerbrechen und immer mehr Ehen nicht der Tod, sondern der Richter scheidet, leiden Menschen zunehmend an Einsamkeit. Einsamkeit kann zum Gefängnis werden, denn wer einsam ist, fühlt sich ausgeschlossen, verlassen, ungeliebt und leer. Hält die Einsamkeit längere Zeit an, kann sie dazu führen, dass der Betroffene früher oder später an einer Depression erkrankt.

Nicht verwechseln – Einsamkeit und Alleinsein

Einsamkeit wird oft mit Alleinsein gleichgesetzt, dies ist jedoch nicht richtig. Denn viele Menschen meinen, jemand, der allein ist, also gerade keinen Partner oder guten Freund zur Seite hat, ist automatisch auch einsam. Dem ist jedoch nicht so. Es ist sehr gut möglich, allein und trotzdem sehr zufrieden zu sein. Genauso, wie es möglich ist, in einer Beziehung zu leben und/oder von einem großen Bekanntenkreis umgeben zu sein und sich trotzdem wie der einsamste Mensch der Welt zu fühlen.

Es gibt Menschen, die sich selbst genügen und sich freuen, wenn sie allein sein und Zeit mit sich selbst verbringen können. Nicht jeder Single vermisst einen Partner, viele fühlen sich nach einer längeren Beziehung sogar regelrecht befreit und sind froh, erst einmal nur für sich selbst verantwortlich sein zu können.

Und nicht jeder hat das Bedürfnis nach einem großen Freundeskreis inklusive häufiger Treffen und Unternehmungen – viele schätzen Ruhe und sind sehr gerne für sich allein.

Alleinsein heißt also mitnichten, dass man sich einsam fühlen muss. Einsamkeit ist nicht davon abhängig, ob andere uns mögen und unsere Nähe suchen, sondern hat vielmehr mit der Einstellung zur eigenen Person und zu anderen zu tun.

Wann erwischt uns die Einsamkeit besonders?

Häufig kommt das Gefühl der Einsamkeit in Phasen des Umbruchs auf. Ein solcher Umbruch kann ein Jobverlust oder -wechsel ebenso sein wie ein Umzug in eine andere Stadt oder der Auszug der Kinder und das damit verbundene Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden. Das sind alles Situationen, in denen wir unser soziales und emotionales Umfeld verlieren, was nicht selten ein Gefühl der Isolation und des Verlassenseins hervorruft.

Dies kann, muss jedoch nicht so sein. Einsamkeit kann auch ohne eine äußere Veränderung in der gewohnten Umgebung – sozusagen „out of the blue“ – Besitz von uns ergreifen. Das Gefühl von Einsamkeit ist immer ein Alarmsignal, das uns mitteilen möchte, dass unser Grundbedürfnis nach Bindung nicht mehr erfüllt wird. Daher gilt es, herauszufinden, was der Grund für die Einsamkeit ist, um sie erfolgreich überwinden zu können. Denn dauerhafte Einsamkeit macht unglücklich und am Ende krank. Wer nichts gegen Einsamkeit unternimmt, wird sich immer weiter zurückziehen und irgendwann völlig isoliert sein.

Welche Ursachen hat Einsamkeit?

Einsame Menschen haben alle eines gemeinsam – sie fühlen sich verlassen und glauben, nicht liebenswert zu sein. Sie sind geprägt von vielen negativen Einstellungen und Gedanken gegenüber sich selbst. Dies sind beispielsweise Denkmuster wie

  • Ich bin überflüssig auf dieser Welt.
  • Ich bin sowieso allen egal.
  • Ich bin nicht liebenswürdig.
  • Ich bin nicht attraktiv.
  • Mit mir stimmt was nicht, ich bin nicht wie andere.
  • Mich versteht sowieso niemand.

Geringes Selbstwertgefühl

Solche und ähnliche Denkmuster lassen erahnen, welche die häufigste Ursache von Einsamkeit ist – nämlich ein geringes Selbstwertgefühl. Wer sich selbst nicht mag, sich nicht zugehörig fühlt und meint, nichts geben zu können, grenzt sich automatisch von seinem Umfeld immer mehr ab. Das Gefühl, anders zu sein – was auf keinen Fall negativ sein muss! – wird schnell zu dem Gefühl, „nicht gut genug“ zu sein.

Menschen, die einsam sind, haben große Schwierigkeiten damit, mit sich allein zu sein und verspüren eine ständige Angst vor Zurückweisung.

Schüchternheit

Auch extreme Schüchternheit kann eine Ursache der Einsamkeit sein. Wer große Schwierigkeiten hat, aus sich herauszukommen, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, riskiert, in die Einsamkeit und Isolation zu rutschen. Denn auch eine große Schüchternheit führt oft zu den oben genannten Gedanken.

Hohe Erwartungen

Nicht immer sind es jedoch Schüchternheit oder mangelndes Selbstwertgefühl, die zu Einsamkeit führen. Oft ist das genaue Gegenteil der Fall – sehr selbstbewusste, vielleicht sogar etwas egozentrierte Menschen haben einen hohen Anspruch an sich selbst und ebenso an andere. Es muss der perfekte Partner oder die perfekte beste Freundin sein – eine Person ohne Schwächen, die sämtliche emotionalen Bedürfnisse befriedigen kann.

Da es solche Personen aber nicht gibt, wird nach dem „Alles-oder-nichts-Prinzip“ der Kontakt gleich ganz unterbunden, oder man „gibt sich zufrieden“ mit einem Partner oder einem Freund, der nur einen Teil dieser Bedürfnisse befriedigt. Die Folge ist, dass der Betreffende halbherzige Kontakte und Beziehungen pflegt, die jedoch auf Dauer ein Gefühl der Leere und Unzufriedenheit hinterlassen.

Einsamkeit kann also auch bedeuten, dass die bestehenden Kontakte und Interaktionen mit anderen nicht zu einer ausreichenden Befriedigung der emotionalen Bedürfnisse führen. Letztlich liegt aber auch für diese Form der Einsamkeit die Ursache in uns selbst.

Verlangen wir mit dieser Anspruchshaltung nicht zu viel von unserer Umwelt? Was haben wir im Gegensatz zu bieten, um einen solchen Anspruch rechtfertigen zu können? Bemühen wir uns wirklich um neue Freunde und Bekannte, und was tun wir dafür?

Wer seine Einsamkeit überwinden will, muss immer bei sich selbst ansetzen. Erst, wenn wir uns selbst glücklich machen können, können auch andere uns glücklich machen. Einsamkeit kann nicht überwunden werden, indem man einfach nur den „richtigen“ Partner oder Freund findet.

Wie kann Einsamkeit überwunden werden?

Nachdem wir nun wissen, wie Einsamkeit nicht überwunden werden kann, sollen Sie nun ein paar konkrete Tipps erhalten, was Sie tun können, um aus dem Gefängnis Ihrer Einsamkeit herauszukommen. Hier sind die acht besten Strategien, um Ihre Einsamkeit zu überwinden.

Tipp 1: Behandeln Sie sich gut

Machen Sie Ihr Wohlbefinden nicht von anderen Menschen abhängig. Um gut behandelt und verwöhnt zu werden, brauchen Sie keine andere Person. Behandeln Sie sich als das, was Sie sind – die wichtigste Person in Ihrem Leben. Kochen Sie sich etwas Ausgefallenes und Aufwändiges – auch für sich allein. Decken Sie sich liebevoll den Tisch mit Blumen und Deko-Elementen, zünden Sie Kerzen an. Gönnen Sie sich, was auch immer Sie gerade brauchen – sei es ein Wellness-Wochenende, ein Stadtbummel oder ein Tag am Meer.

Tipp 2: Lernen Sie, allein zu sein

Sie haben jeden Abend Angst, in Ihre leere Wohnung zu kommen? Kehren Sie den Spieß einfach um – freuen Sie sich darauf, nach einem stressigen Arbeitstag Ihre vier Wände ganz für sich zu haben und schalten und walten zu können, wie Sie möchten. Freuen Sie sich auf den Abend, der vor Ihnen liegt und den Sie so gestalten können, wie es für Sie gut ist, ohne Rücksicht nehmen zu müssen. Machen Sie ein Ritual daraus! Nehmen Sie sich jeden Abend ganz bewusst eine bestimmte Zeit – z.B. 30 Minuten oder auch mehr – in der Sie sich ausschließlich mit Ihrer Person, mit Ihren Idealen, Zielen und Träumen beschäftigen.

Tipp 3: Suchen Sie sich ein Projekt

Um bei der Wohnung zu bleiben – wie sieht es eigentlich mit Ihrer Wohnung aus? Fühlen Sie sich darin wirklich wohl oder möchten Sie lieber einige Dinge verändern? Manchmal genügen schon so simple Dinge wie ein paar neue Deko-Elemente, Fotos oder Vorhänge oder auch das Sofa an einem anderen Platz, um viel mehr Wohlbefinden in den eigenen vier Wänden zu erzeugen.

Oder ist es mal wieder Zeit für ein gründliches Ausmisten? Erst wird der Kleiderschrank sortiert. Alles, was Sie in den letzten zwei Jahren nicht getragen haben, werden Sie auch in den kommenden zwei Jahren nicht tragen. Und in zehn Jahren gleich gar nicht. Also: Weg damit! Als nächstes ist Entrümpelung des Kellers oder des Speichers angesagt. Weg mit dem alten Kram! Sie werden sehen, Sie werden sich wie befreit fühlen!

Tipp 4: Daten Sie sich selbst

Sie glauben, allein essen oder ins Kino zugehen, ist ein Zeichen gesellschaftlichen Versagens? Warum eigentlich? Dem ist überhaupt nicht so, ganz im Gegenteil, ein Date mit sich selbst kann eine sehr spannende Erfahrung sein. Genießen Sie die Vorfreude auf den Abend, den Film und das gute Essen. Und dann genießen Sie den Abend selbst – zelebrieren Sie jeden einzelnen Augenblick. Wenn jemand komisch guckt, schauen Sie selbstbewusst zurück, lächeln Sie! Sie werden überrascht sein, wie stark und selbstbewusst Sie sich nach einem solchen Abend fühlen werden.

Tipp 5: Definieren Sie den Sinn Ihres Lebens

Einsamkeit ist oft mit dem Gefühl verbunden, überflüssig zu sein und keinen Sinn im Leben zu sehen. Sobald Betroffene etwas gefunden haben, was Ihrem Leben einen Sinn verleiht, können sich die Gefühle der Einsamkeit schon oft deutlich reduzieren. Definieren Sie daher den Sinn Ihres Lebens. Warum leben Sie? Was hat für Sie eine Bedeutung? Womit möchten Sie die Ihnen verbleibende Zeit auf Erden verbringen? Und dafür stehen Sie in Zukunft jeden Morgen auf.

Tipp 6: Überwinden Sie sich und suchen Sie Kontakt

Fangen Sie klein an – also Sie sollen nicht gleich einem Wildfremden eine lebenslange Freundschaft antragen. Stellen Sie einen harmlosen Kontakt her – sprechen Sie im Supermarkt eine Verkäuferin oder einen anderen Kunden an, indem Sie z.B. nach einem bestimmten Produkt fragen. Oder sprechen Sie einen Nachbarn im Treppenhaus an. Bieten Sie Hilfe an, z.B. der älteren Dame mit dem Tragen der Einkäufe behilflich zu sein. Sie werden die wunderbare Erfahrung machen, gebraucht zu werden. Sicher kostet dies für einen Menschen, der schon länger unter Einsamkeit leidet, eine gewisse Überwindung, aber Sie werden sehen, wenn das Eis erst einmal gebrochen ist, geht es irgendwann ganz einfach.

Tipp 7: Suchen Sie sich ein Hobby oder ein Ehrenamt

Hobbies bieten die wunderbare Möglichkeit, Sie raus aus dem Schneckenhaus und rein ins Leben zu locken. Egal, welches Hobby Sie ausüben möchten, Sie werden Menschen kennenlernen, die die gleichen Interessen haben wie Sie. Schließen Sie sich einem Sportverein an, belegen Sie einen Tanzkurs oder lernen Sie an der Volkshochschule Italienisch. Auch ein Kochkurs mit anschließendem gemeinsamem Essen ist eine tolle Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen.

Oder werden Sie ehrenamtlich aktiv. So tun Sie etwas Sinnvolles, fühlen sich gebraucht und lernen gleichzeitig Gleichgesinnte kennen. Sie können z.B. im Tierheim Hunde ausführen oder Katzen versorgen. Oder im Altenheim den Senioren Gesellschaft leisten. Oder Kindern im Krankenhaus etwas vorlesen. Möglichkeiten gibt es ausreichend – und Sie tun damit nicht nur anderen Gutes, sondern ebenso sich selbst.

Tipp 8: Lassen Sie Kontakte nicht abreißen

Nicht nur Menschen, die an Einsamkeit leiden, kennen es: Man hat Freunde und Bekannte, meldet sich aber oft wochenlang nicht. Gründe dafür sind natürlich der bei fast allen vollgepackte Alltag, aber oft auch der berühmte innere Schweinehund, der uns immer wieder einflüstert: „Morgen ist auch noch ein Tag.“, „Ich rufe am Wochenende mal wieder an, dann habe ich mehr Ruhe.“ oder „Vor dem Urlaub schaffe ich es nicht mehr, aber danach melde ich mich sofort“. Und im Handumdrehen sind Wochen und Monate vergangen, und irgendwann traut man sich nicht mehr, nach der langen Zeit erneut Kontakt aufzunehmen.

Und dann wird über Einsamkeit gejammert – andererseits, was tun wir wirklich dafür, dass Kontakte bestehen bleiben? Wie sollen wir Einsamkeit überwinden, wenn wir nichts dazu tun, Freundschaften zu pflegen und zu erhalten?

Rufen Sie doch einfach einen Bekannten oder Freund an, mit dem Sie lange keinen Kontakt hatten. Was haben Sie zu verlieren? Vermeiden Sie allerdings, zu viel von sich zu reden oder gar zu jammern. Zeigen Sie vielmehr Interesse an der Person und dem Leben des anderen. Sie werden sehen, er oder sie wird sich freuen und Sie haben wieder einen alten neuen Kontakt hergestellt.

Wenn Sie Ihre Einsamkeit überwinden wollen, müssen sie beides tun – Kontakt zu sich selbst und zu anderen herstellen. Nur so kann es gelingen. Denn wie sagte man so schön?

„Einsamkeit ist eine Gefängniszelle, die sich nur von innen öffnen lässt.“


Alfredo Le Mont

Bild: © Black Brush – Fotolia.com

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