Verhaltensstörungen

Unter Verhaltensstörungen versteht man auffällige unangemessene Verhaltensmuster, die von der Norm abweichen. Diese auffälligen Verhaltensweisen können sich auf verschiedene Weisen äußern, beispielsweise in starker Unruhe, Aggressionen, Verweigerungshaltungen, Ängsten, Ess- oder Schlafstörungen. Verhaltensstörungen entstehen meist in der Kindheit und können ihre Ursachen in der individuellen und sozialen Entwicklung, aber auch in Krankheiten und dauerhaft belastenden Lebenssituationen haben.

Welche Verhaltens- bzw. Persönlichkeitsstörungen gibt es?

Laut dem in Deutschland angewandten Klassifizierungssystem ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) kennt man vor allem folgende Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen:

  • Verhaltens- oder Persönlichkeitsstörungen
  • organische und symptomatisch-psychische Störungen
  • neurotische Verhaltensstörungen
  • affektive Störungen
  • Schizophrenie
  • Verhaltensauffälligkeiten in Begleitung körperlicher Symptome
  • entwicklungsbedingte Verhaltensstörungen mit beeinträchtigter Intelligenz
  • frühe Gefühls- und Verhaltensstörungen
  • sonstige psychische Störungen

Oft werden solche Störungen von dem Betroffenen gar nicht als Beeinträchtigung wahrgenommen. Die Grenzen zwischen Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen sind dabei oft fließend. Wo eine Verhaltensstörung anfängt, und ab wann sie als psychische Störung eingestuft wird, ist verschieden.

Was sind die Ursachen von Verhaltensstörungen?

Für Verhaltensstörungen gibt es die unterschiedlichsten Ursachen. Sie können in der Familie begründet sein – z.B. durch einen gewalttätigen Vater oder eine depressive Mutter. Oft haben sie aber auch ihre Ursache in großem Erfolgsdruck, der bereits in der Grundschule beginnt, in Stress, Misserfolgen, Behinderungen, Krankheiten oder Mobbing. Dies alles können Ursachen für Verhaltensstörungen sein:

  • Erziehung und familiäres Umfeld
  • Traumata in der Kindheit
  • Stress in der Schule oder im Büro
  • Erfolgsdruck
  • Mobbing
  • Misserfolge, fehlende Anerkennung
  • Hirnschädigungen
  • Behinderung
  • unterdrückte Ängste
  • psychische oder physische Krankheiten
  • andauernde Einsamkeit
  • Rebellion gegen Hierarchien

Verhaltensauffälligkeiten sind oft nur von vorübergehender Natur. Dies ist meist der Fall, wenn es sich um eine temporäre belastende Situation handelt. Andere Störungen wiederum wachsen sich zu einem dauerhaften Problem aus – wie beispielsweise andauernde starke Aggressionen oder Selbstverletzungen. Diese müssen behandelt werden.

Welche Symptome zeigen sich bei Verhaltensstörungen?

Typische Symptome einer Verhaltensstörung sind:

  • Konzentrationsprobleme
  • starke innere Unruhe
  • Angst
  • Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADHS)
  • Aggressionen
  • Reizbarkeit
  • Stimmungsschwankungen
  • Hyperaktivität
  • Persönlichkeitsstörungen

Diagnose und Verlauf

Da die meisten Verhaltensstörungen sehr offensichtlich sind, ist eine Diagnose von gestörtem Verhalten in der Regel nicht allzu schwierig. Es gibt jedoch auch Störungen, die im Verborgenen stattfinden – wie beispielsweise Selbstverletzungen – diese fallen jedoch dem Umfeld auch früher oder später auf.

Wichtig für den Verlauf einer Verhaltensstörung ist eine genaue Feststellung ihrer Ursache. Handelt es sich um ernstzunehmende Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen oder „Ritzen“ und dauern diese länger an, sollte ein erfahrener und einfühlsamer Psychologe oder Psychiater konsultiert werden. Dieser wird für eine erste Diagnose ausführliche Gespräche mit dem Betroffenen führen, in denen er versucht, die inneren Konflikte, welche Ursache der Symptome sind, herauszufinden.

Handelt es sich um Kinder, sollten auch die Eltern und möglicherweise auch Erzieher oder Lehrer in die Therapie mit eingebunden werden.

Oft ist eine persönliche Befragung schwierig bis unmöglich, da der Betroffene starke Angst- oder Schamgefühle hat. In diesem Fall gibt es die Möglichkeit einer schriftlichen Einlassung oder sogar eines anonymen Fragebogens.

Wie kann man Verhaltensstörungen behandeln?

Die Behandlung von Verhaltensstörung ist von der Art der Störung abhängig. So muss man bei einem hyperaktiven Kind anders vorgehen als bei einem hoch aggressiven Jugendlichen, und wieder eine andere Behandlung benötigt ein schwer alkoholabhängiger Mann, der womöglich unter Realitätsverlust und Wahnvorstellungen leidet.

Gute Ansätze zu einer erfolgreichen Behandlung von Verhaltensstörungen bieten die Gesprächs- und die Verhaltenstherapie. Beide gehen der Ursache des gestörten Verhaltens auf den Grund – was von essentieller Bedeutung für eine erfolgreiche Behandlung ist. Oft verschwinden die Verhaltensauffälligkeiten, wenn die Ursache behandelt wird.

Beispiel: Aggressionen von Kindern, die ihre Ursache in einer psychischen Erkrankung von Mutter oder Vater oder in der Scheidung der Eltern haben, können mit Hilfe einer Familientherapie sehr gut behandelt werden. Denn in einer Therapie wird viel offener über unterdrückte Konflikte und Tabus gesprochen, als dies im privaten Raum oft möglich ist.

Wie kann man Verhaltensstörungen vorbeugen?

Am besten beugt man Verhaltensstörungen bereits in jungen Jahren vor, indem man einem Kind im Elternhaus eine geborgene gesunde Atmosphäre bietet, in der es sich angenommen fühlt und offen über alles reden kann.

Werden beginnende Verhaltensstörungen bemerkt, kann man sofort gegensteuern, indem man nach den Ursachen forscht und gemeinsam versucht, die Probleme zu lösen und dem Betroffenen andere Wege aufzeigt, mit Konflikten umzugehen.